Die Deutschen in Australien
Der Kontinent Australien ist schon seit mindestens 40000 Jahren von Menschen besiedelt, Europäer ließen sich dort aber erst seit etwas über 200 Jahren nieder.
Unter den ersten europäischen Siedlern waren auch Deutsche. Der Kommandant der ersten Flotte, Kapitän Arthur Phillip, war zur Hälfte deutscher Abstammung, und der erste Landvermesser der Kolonie war der hessische Baron Augustus Alt. Phillip Schaeffer, ein hessischer Leutnant, legte die ersten Weinberge bei Sydney an.
Deutsche haben auch später im australischen Weinbau eine wichtige Rolle gespielt.
Erst ab 1838 kam aber eine größere Zahl von Deutschen nach Australien: Damals siedelten zunächst einige hundert Lutheraner aus Brandenburg als Bauern in dem Gebiet um Adelaide in Südaustralien. Die Deutschen waren dort die erste nicht-britische Bevölkerungsgruppe, die einen Einfluß auf die Entwicklung der Kolonie nahm.
Der Goldrausch in Viktoria Mitte des letzten Jahrhunderts lockte auch viele Deutsche nach Australien. Bis in die 60er Jahre konzentrierte sich die deutsche Besiedlung vor allem auf Viktoria und Neusüdwales, schließlich entstand aber auch eine größere deutsche Gemeinde in Queensland. Zwischen 1862 und 1872 sind viele Kleinbauern und Landarbeiter aus Brandenburg, der Uckermark, Pommern, Schlesien, Bayern, Württemberg, Baden und Hessen nach Queensland ausgewandert. In manchen Gebieten lag der Anteil der Deutschen an der Gesamtbevölkerung über 10 Prozent. 1891 zählte man in Queensland 14924 Siedler aus Deutschland, in Viktoria 10772, in Neusüdwales 9565 und in den übrigen Kolonien rund weitere 10000. Sie bildeten damit die bei weitem größte nicht-anglokeltische Gruppe in Australien.
Wegen des wirtschaftlichen Aufschwungs in Deutschland in den letzten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts ging die Zahl der deutschen Einwanderer schließlich aber deutlich zurück, und mit Ausbruch des 1. Weltkriegs kamen praktisch keine deutschen Einwanderer mehr nach Australien. Viele Deutsche wurden während des Krieges in Australien interniert, und nach Ende des Kriegs wurden einige deportiert, zahlreiche andere kehrten aus eigenem Entschluß nach Deutschland zurück. Erst ab 1925 wurden wieder Einwanderer aus Deutschland zugelassen.
Der Rückgang der in Deutschland geborenen Bevölkerung Australiens hielt aber an. Bei der Volkszählung 1933 wurden schließlich nur noch 16842 Deutsche verzeichnet, knapp 50 Prozent weniger als 1911. Der Alterungsprozeß und die zunehmenden Eheschließungen mit Angehörigen anderer Bevölkerungsgruppen trugen dazu bei, dass die Deutschen nicht mehr so stark als eigene ethnische Gruppe in Erscheinung traten. In den 30er Jahren wurde das Deutsche als Alltagssprache in den Gebieten, die einmal Zentren der deutschen Besiedlung waren, ganz vom Englischen abgelöst.
Schon vor dem 2. Weltkrieg hatte Australien einige Tausend jüdische Flüchtlinge, vor allem aus Deutschland und Österreich, aufgenommen. Zu Anfang des Krieges wurden über 2500 Deutsche und Österreicher, die in England interniert waren, mit der Dunera nach Australien verschifft. Viele von ihnen blieben schließlich in Australien und erreichten Anerkennung und Erfolg in der australischen Gesellschaft.
In den Nachkriegsjahren waren die Deutschen wieder gern gesehene Einwanderer. Während 1945 weniger als 15000 in Deutschland geborene Personen gezählt wurden, waren es 1954 schon wieder über 65000, und 1961 erreichte ihre Zahl knapp 110000, etwas über ein Prozent der Gesamtbevölkerung. Insgesamt sind in der Zeit von 1945 bis 1975 rund 135000 Deutsche nach Australien ausgewandert. Der überwiegende Teil dieser Immigranten wurde bei ihrer Übersiedlung von der australischen Regierung finanziell unterstützt.
In der Nachkriegszeit und noch bis Anfang der 90er Jahre bildeten die Deutschen - nach den Italienern, Griechen und Jugoslawen - die viertstärkste nicht-englisch-sprechende Bevölkerungsgruppe in Australien. Verglichen mit anderen Einwanderergruppen zeichneten sich die Deutschen aber weniger dadurch aus, dass sie gemeinsame Siedlungsgebiete bildeten und ihre Sprache pflegten. Allerdings gibt es in großen Städten auch deutschsprachige Zeitungen, und der Rundfunksender SBS hat neben vielen anderen nicht-englischen Programmen auch eine deutsche Sparte.
Bei der Volkszählung 1991 gaben knapp 112000 Personen als Geburtsland Deutschland an. Die Bundesstaaten mit der größten Zahl von Einwanderern aus Deutschland waren Neusüdwales (33160) und Viktoria (31216), gefolgt von Queensland (17730) und Südaustralien (14172). Man hat Ende der 80er Jahre errechnet, dass über 1,3 Mio. Australier wenigstens einen deutschen Vorfahren haben. Der demographische Einfluß der Immigration aus Deutschland ist damit größer als der irgendeiner anderen nicht-britischen und -irischen Gruppe.
Deutsche leisteten in vielfältiger Weise einen Beitrag zur Entwicklung Australien. So ist etwa der Name des Forschers Ludwig Leichhardt untrennbar verbunden mit der gefahrvollen Erkundung des Landesinneren, und zahlreiche deutsche Botaniker und Mineralogen halfen bei der Erschließung der Naturschätze des Kontinents.
Eine Reihe deutscher Wissenschaftler leistete im 19. Jahrhundert einen wichtigen Beitrag zur Erforschung der australischen Flora und Fauna. Ludwig Leichhardt (1813-1848), dessen Verschwinden bis heute Rätsel aufgibt, gehört wohl zu den berühmtesten. Der in Rostock geborene Forscher und Botaniker Ferdinand von Müller (1825-1896) wurde Ende 1996 durch eine deutsch-australische Sonderbriefmarke geehrt.